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Saturn in Waage – Schuld- oder Fehlerkultur

Erst kürzlich hörte ich zum ersten Mal bewusst den Begriff „Schuldkultur“ in einer Radiosendung. Er wurde erwähnt im Zusammenhang mit Studien an einer deutschen Universität (ich glaube Lintorf) und in dem Beitrag ging es um eine These, dass unsere Schuldkultur verhindere, dass wir aus unseren Fehlern lernen. Sie verhindere, uns zu unseren Fehlern bekennen können und somit an ihnen wachsen können. Dass eine Astrologin, die eine solche Aussage hört, spontan an den Planeten Saturn denkt, erklärt sich sicherlich von selbst. Dass diese Fragestellung gerade jetzt in einer deutschen Universität aufgegriffen wird, scheint ebenso stimmig zu sein. Saturn in der Waage, ein Sinnbild für Gerechtigkeit, sollte uns helfen, mit einigen Fehlkonzepten aufzuräumen.

Der Gedanke, dass das „Sich-schuldig-fühlen“ uns davon abhält, die volle Verantwortung für unsere Fehler zu übernehmen, unserem eigenen Wachstum quasi im Wege steht, ist sehr naheliegend. In einer sogenannten Schuldkultur, zu denen unsere westlischen Gesellschaften gezählt werden, versucht man seine Fehler zu verleugnen, kann man mit diesen nicht soverän umgehen, betrachtet sich selbst als ganze Person schnell als unzulänglich, schwach, kurz gesagt: fehlerhaft. Wir werden, so lautete die Aussage im Radio, dazu erzogen, uns sofort schlecht zu fühlen, wenn wir etwas falsch gemacht haben und wir werden in unserer Erziehung, zuhause oder in der Schule, nicht dazu ermutigt, unsere Mankos anzuerkennen. Das hält uns dann davon ab, unsere Fehler wirklich konstruktiv nutzen zu können, aus ihnen zu lernen und uns so weiter zu entwickeln. Manche unserer Klienten haben in Beratungen solche und ähnliche Sätze gehört, allerdings nicht im soziologischem Kontext, sondern immer bezogen auf den Planeten Saturn, der in diesen Fällen immer eine prominente Rolle in den Horoskopen spielte. Alles bisher gesagte über Schuld und Fehler, über Verleugung und Ängsten vor dem Zugeben der Fehler, gehört zu den bekannten Mechanismen der Menschen mit einem prominenten Saturn. Und dass dieses Thema gerade jetzt von offizieller Seite aufgegriffen wird, ist sicherlich einer der positiven Züge des Saturn in Waage. Allzu leicht vergessen wir, wenn wir uns mit Saturn beschäftigen, dass seine Absicht eben nicht darin besteht, uns schlecht und unvollkommen fühlen zu lassen. Ganz im Gegenteil: er möchte uns lehren, vollkommener zu werden. Wir sollen jedoch zwischendurch ein paar Kleinigkeiten verstehen, wie etwa dieTatsache, dass vollkommen sein oder nach Vollkommenheit streben nicht bedeutet, sich an den allgemeinen Forderungen der Gesellschaft zu orientieren. Menschliche Ideale sind immer unvollkommen und beinhalten Urteile, die nicht unbedingt akzeptiert werden müssen, da sie nicht unbedingt im Einklang mit universellen Werten stehen. Werden wir beispielweise gefüttert mit Vorstellungen, dass wir „es geschafft“ haben, wenn wir materiell gut dastehen, wenn wir die üblichen Statussymbole vorweisen können, wenn wir Annerkennung von bestimmten offiziellen Stellen haben, dann entspricht das sicherlich nicht höheren Werten. Und, dass man in diesem Zusammenhang dann auch ruhig ein paar Mittel benutzen darf, die durch ihren Zweck geheiligt werden, scheint ein besonders fragwürdiger Teil dieser Vorstellung zu sein. Wenn wir Saturn in der Waage wirklich verstehen und nutzen wollen für unsere persönliche Entwicklung, sollten wir uns vielleicht vergegenwärtigen, dass er ein „Grenzgänger“ ist. Er gehört in keiner Weise wirklich zu den anderen, weder als Planet, noch als Gott Shani. Jeder hält Distanz zu ihm und dennoch weiß jeder, dass er ihn irgendwann treffen muss und sich mit ihm auseinandersetzen muss. Nehmen wir Saturn, der allen gängigen Regeln im Götterhimmel zum Trotz, immer an seinem eigenen Gefühl für Rechtschaffenheit festgehalten hat, der also unbestechlich und unkäuflich war, zum Vorbild anstatt ihn zu fürchten, so kann er uns die Stärke geben, zu unseren Überzeugungen zu stehen, die uns vielleicht von der Gesellschaft als falsch oder fehlerhaft angekreidet werden. Saturn in der Waage sollte uns also, so glaube ich, auf einer persönlichen und auch einer gesellschaftlichen Ebene dazu ermutigen, uns mutig den „Fehlern“ in der Vergangenheit zu stellen. Vielleicht sollten wir Fehler auch ein Stück weit umbenennen in „gescheiterte Versuche einen Ausgleich zu schaffen, eine Lösung zu finden etc.“. Diese Denkweise könnte ein wichtiger Schritt sein anzuerkennen, was schiefgegangen ist und uns bewusst in eine andere Richtung zu bewegen. Saturn als Planet der Demokratie sollte uns auch allen bewusst machen, dass es künstliche Unterscheidungen in Bezug auf Status, gesellschaftliche Schicht, Herkunft oder Kasten nur auf einer äußeren, nicht wicklich wichtigen Ebene gibt und er sollte uns helfen, das Gute in jedem erkennen zu können. Kommen wir zurück auf unseren soziologischen Ausgangspunkt, so ist vielleicht noch erwähnenswert, dass die Soziologen zwischen „Schuldkultur“ einerseits und „Schamkultur“ andererseits unterscheiden. Japan, so heißt es, sei ein typisches Beispiel für die Schamkultur in Gegensatz zu unseren westlichen Schuldkulturen. Der Unterschied besteht laut Definition vor allem darin, dass in einer Schamkultur die Schamgefühle aufgrund von Bloßstellung von Außen entsehen, während in einer Schuldkultur die Instanz, die das Fehlverhalten sanktioniert, bereits verinnerlicht sei.Wir brauchen also keinen mehr, der mit dem Finger auf uns zeigt, da wir uns selbst genug Vorwürfe machen, uns keine Fehler verzeihen können und uns selbst bisweilen quälen mit unserem schelchten Gewissen. Astrologisch auch wieder hochinteressant, finde ich. Denn wieder geht es um Saturn. Um ein paar feine Unterschiede, wie Saturn offensichtlich in uns wirken kann, so lange wir ihn und ein paar innere Mechanismen nicht verstehen. Ob Schuld oder Scham, Saturn verkörpert beides. Er wurde von seinem Vater Surya „abgeurteilt“, als sei er verantwortlich für das Weggehen Suryas rechtmäßiger Ehefrau Sanjna. Er wurde von seiner Frau verflucht, da er den Termin zur Zeugung des Nachwuches verpasste und sich zu lange mit den erforderlichen Reinigungsritualen und Mantras aufhielt. Er wurde zu einer Art Projektionsfläche für alles, was den Göttern unliebsam erschien. Und dennoch blieb er seinen eigenen Prinzipien immer treu:Er riskierte weitere Ausgrenzungen indem er beispielsweise das Vorhaben des mächtigen Dämonen Ravana sabotierte, das Shani für ungerecht hielt. Als Ravanas Sohn geboren werden sollte, mussten alle Planeten in ihr Moolatrikonazeichen gehen, um dem Kind ein perfektes Horoskop zu geben. Shani jedoch streckte im letzten Moment seinen Fuß ins Fischezeichen und brachte somit einen Makel in das Horoskop. Er wurde dafür bestraft mit einem lebenslänglichen Hinken oder gar dem Verlust des Beines, je nach Version, doch das war eine Konsequenz, die er offensichtlich in Kauf nahm. Dass Saturn eine solche Konsequenz nicht erwartet haben könnte, scheint äußerst unwahrscheinlich. Als Resümee dieser Ausführungen möchte ich zum Schluß ein paar Gedanken aufzählen, die uns vielleicht ein besseres oder anderes Verständnis dieses Planeten ermöglichen: Wenn wir lernen, nicht mehr perfekt sein zu wollen und im Zuge dessen unsere Fehler anerkennen lernen, haben wir sicherlich einen wichtigen Schritt getan. Wer zugeben kann, nicht perfekt zu sein, kann aufhören damit, sich selbst und andere um sich herum zu sehr kontrollieren zu wollen. Damit wäre wieder ein neuer, wichtiger Schritt getan. Wenn man dann die Themen Schuld und Scham wirklich zu entmachten lernt, indem die Autoritäten im innen oder außen „bloßgestellt“ oder als falsch erkannt werden, kann man frei werden für die eigene innere Stimme. Und wer dann zusätzlich das Wirken einer höheren Kraft in sich spüren darf und das Vertrauen in eine solche in sein Leben zu intergrieren vermag, der wird sicherlich erkennen, wo die echten Instanzen zu finden sind, die weder verurteilen noch anklagen.