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Nakshatra-Wissen: Ikonografie der Nakshatras

Ikonographie der Nakshatras

Immer wieder ziehen die Nakshatras als hierzulande eher exotische und ungewöhnliche Faktoren die Aufmerksamkeit  der Europäer und Amerikaner auf sich. Neben den vielen seriösen Ausführungen über die 27 Mondkonstellationen drängt sich manchmal der Verdacht auf, dass die Fixsternkonstellationen mitunter als Projektionsfläche für einiges herhalten müssen, das wir anderweitig im indischen Horoskop nicht zu finden glauben. Bisweilen gehen die Deutungen und Interpretationen dieser archetypisch weiblichen, rezeptiven lunaren Stationen eindeutig über das hinaus, was sich aus den Vedas oder anderen alten Schriften herleiten lässt.

Das ist der Grund, weshalb wir uns bei der Auswertung der Bedeutung und der subtilen Energien der Nakshatras weniger auf die modernen psychologischen Deutungen berufen, sondern vielmehr versuchen, über die Auseinandersetzung mit den mythologischen Gottheiten der jeweiligen Konstellation das Grundthema desselben zu erfassen. Legt man beispielsweise zu viel Wert auf die Symbole, geht man das Risiko ein, in eines oder zwei von beispielsweise 30 vorhandenen Symbolen die gesamte Signatur des Nakshatras hineinlegen zu wollen.

Immer offen für alte Schriften und Hinweise, sind wir in einem modernen Buch über Astrologie und Religion in der Kunst Indiens auf einen Auszug aus einem alten Text gestoßen, der die Ikonographie der Nakshatras beschreibt.

Neben der bildhaften Darstellung, gibt es also ikonographische Formen der Nakshatras, die mit großer Wahrscheinlichkeit in der Verehrung oder Anbetung eine wichtige Rolle spielten, eine wichtigere als die verschiedenen, teilweise willkürlich ausgewählten Symbole, die wir hier im Westen meist mit den Nakshatras assoziieren. Gemäß Hemadris (13. Jahrhundert) enzyklopädischem Werk „Caturvarga-cintamani“ sind die Beschreibungen folgendermaßen:

 

Asvini ist so schön wie die Blüte des Lotus, sie hat den Kopf eines Pferdes, sitzt auf einer Lotusblüte und trägt weiße Kleider. Sie hat zwei Hände. In der rechten Hand hält sie einen Topf mit göttlichen Kräutern und in der linken Hand ein Buch.

Bharani ist wild und reitet auf einem Büffel. Sie hat das Gesicht eines Elefanten und trägt rote Kleider. Sie hält einen Stab und eine Schlinge. Ihr Körper trägt die Farbe von Collyrium.

Krittika sitzt auf einer weißen Ziege und hat das Gesicht einer Ziege. Ihre Augen, Augenbrauen und Haare sind gelbbraun. Sie hält eine Mala und einen Speer und trägt goldenen Schmuck. Sie ist dick und ihre Hautfarbe ist rot.

Rohinis Körper ist in der Farbe des Schnees und sie hat das Gesicht einer Schlange. Sie reitet eine Ziege, hält eine Mala und einen Topf. Sie trägt Blumengirlanden.

Mrigasiras hat drei Gesichter: das eines Rehs, eines Pferdes und das einer Schlange. Sie reitet einen Geier, ist in der Farbe des Mondes und hält einen Topf und eine Mala.

Ardra hat schwarze Haut und das Gesicht eines Pferdes. Sie reitet einen Bullen, trägt grüne Kleider und eine Girlande aus menschlichen Knochen. In einer Hand hält sie einen roten Speer.

Punarvasu hat das Gesicht eines Schweines, ist von weißer Farbe und sitzt auf einer Katze. Sie hat vier Hände, in welchen sie eine Mala, einen Donnerkeil, einen Stock zur Züchtigung eines Elefanten trägt. Mit der vierten Hand zeigt sie die Geste der Furchtlosigkeit.

Pushya reitet auf einer Ziege, hat die Farbe von Regenwolken, ihr Körper leuchtet in orangefarbenen Strahlen. Sie hält eine Mala, ein Geschoß und einen Topf.

Aslesha hat entweder das Gesicht einer Krähe oder einer Katze. Sie ist überall rot und hat vier Hände, in denen Sie eine Mala, einen Topf und zwei Schlangen hält.

Magha ist dunkel und hat das Gesicht eines Affen. Ihr Körper ist dünn, doch sie hat einen aufgeblähten Bauch. Sie hält das heilige Kusa Gras und eine Kugel aus Teig und reitet auf dem Rücken eines Ghuls (leichenfressender Geist).

Purvaphalguni hat den Kopf eines Elefanten und rote Haut. Sie sitzt auf einem Rad und hält einen Papagei in jeder Hand.

Uttaraphalguni hat das Gesicht eines Tigers. Sie ist weiß und sitzt auf einer Kuh. In ihren vier Händen hält sie die Sonne, den Mond, eine Mala und einen Stab mit einem aufgespießten menschlichen Kopf.

Hasta ist entweder rot oder weiß und hat das Gesicht eines Büffels. Sie reitet ein Pferd und hält eine Mala und einen Donnerkeil. Sie beschert Reichtum.

Chitra ist weiß mit dem Gesicht eines Tigers. Sie reitet einen Büffel. In ihren vier Händen hält sie eine Mala, einen Topf, ein Buch und ein mit Nektar gefülltes Gefäß.

Svati hat das Gesicht eines Büffels. Sie ist dick und entweder sehr dunkel oder sehr hell. Ihr Fortbewegungsmittel ist eine Antilope. In ihren vier Händen hält sie eine Mala, heiliges Kusa Gras, eine Flagge und ein Gefäß.

Visakha hat eine rote Hautfarbe und rote Kleider und scheint vom Nabel bis zu den Zehen in einem goldenen Glanz. Sie sitzt auf einem Widder. In ihren Händen sind ein Stock zur Züchtigung eines Elefanten, ein Donnerkeil, sein Speer und ein Gefäß.

Anuradha hat das Gesicht einer Katze, sie ist beschmückt mit Rubinen. Vom Kopf bis zum Nabel ist sie schwarz, vom Nabel bis zu den Zehen weiß wie Schnee. In ihren beiden Händen hält sie einen Lotus und einen Donnerkeil und sie reitet ein Pferd.

Jyeshta ist gelb in der Farbe und das Gesicht ist entweder das eines Bären oder eines Rehs. Sie hält eine Mala, einen Donnerkeil und einen Stock zur Züchtigung eines Elefanten.

Mula ist dunkel wie die Nacht, sie hat das Gesicht eines Wolfs, ist grausam und hält ein Schwert und einen Schläger. Sie steht auf einem toten Körper.

Purvaashada hat das Gesicht eines Hais und die Farbe von frischem grünem Gras. Sie trägt gelbe Kleider und große Mengen Schmuck. In ihren vier Händen hält sie eine Mala, einen Lotus, eine Schlinge und ein Gefäß.

Uttarasadha ist weiß und schön anzusehen. Sie trägt eine Krone aus geflochtenem Haar und goldene Ohrringe. Sie trägt Schlangen als Schmuck. In ihren vier Händen hält sie eine Mala, eine Schlange, ein Buch und einen Topf und sie reitet auf einer Schlange.

Abhijit hat das Gesicht eines Krokodils und die Haut hat die Farbe des Lotus. Mit zwei ihrer vier Händen macht sie die Geste der Furchtlosigkeit und des Segens. In den anderen beiden Händen hält sie eine Mala und ein Buch. Sie sitzt auf einer Ziege.

Sravana ist grün mit dem Gesicht eines Affen. Sie trägt goldene Kleider und hält eine Muschelschale, einen Diskus, ein Zepter und einen Lotus. Sie reitet ein Pferd.

Dhanistha ist von der Farbe erhitzten Goldes. Ihre Brüste sind groß und voll, ihr Haar ist lang und mit Blumen geschmückt. Ihre Lippen haben die Farbe karminroter Bimbabeeren, ihre Augen sind groß und attraktiv. In einer Hand hält sie einen Behälter und die andere Hand macht die Geste des Segens. Sie sitzt auf einem Lotus, umgeben von Edelsteinen.

Satataraka ist weiß mit dem Gesicht eines Pferdes. Ihre Kleidung ist blutrot. In ihren beiden Händen hält sie eine Schlinge und ein Gefäß. Sie reitet auf einem delphinartigen Tier.

Purvabhadrapada ist weiß und hat das Gesicht einer Kuh. Sie hält den abgetrennten Kopf eines Widders und einen Topf mit Sidhu (eine Flüssigkeit aus Melasse destilliert). Sie reitet eine Ziege.

Uttarabhadrapada hat das Gesicht eines Esels. Ihre Haut ist weiß. In ihrer Hand hält sie ein Gefäß und eine zweiseitige Trommel. Sie reitet auf einem Bullen.

Revati hat das Gesicht eines Kamels, hat helle Haut und eine laute Stimme. Sie hält einen Lotus und einen Topf und reitet einen Elefanten.

 

Es wird vermutet, dass diese Göttinnen alten, teilweise sehr gefürchteten Stammesgöttinnen entsprachen und dass die den Ikonographien entsprechend angefertigten oder aufgezeichneten Figuren angebetet wurden, um die jeweilige Gottheit zu besänftigen. Da die Energien der Nakshatras vor langer Zeit auch im Ackerbau verwendet wurden, könnten diese Göttinnen auch verbunden mit der Bitte nach Fruchtbarkeit angebetet worden sein.

Vielleicht können wir sogar über die Auseinandersetzung mit „unserer Göttin“, der Herrscherin unseres Mond-Nakshatras im Horoskop, einiges über uns selbst erfahren.